St. Martin und die Sanktmartiner Kirchweih
Im Vergleich zu den deutschen Banater Dörfern, die schon ab Ende des 19. Jahrhunderts Kirchweih mit Kirchweihumzug feierten, bevorzugten unsere Vorfahren nur eine kirchliche Feier. Auch weitere Feiern wie Fronleichnam, Allerheiligen, Erstkommunion und Firmung bezogen sich immer auf das Kirchliche. Unsere erste steinerne Kirche erbaut und eingeweiht am 13. September 1756 von Tschanader Bischof Franz Anton von und zu Wegrain (1702–1777) wurde erst am 11. November des gleichen Jahres zum Namenstag unseres Kirchenpatrons dem Hl. Martin als Kirchweih Tag eingeführt und gefeiert. Das Wichtigste an der Kirchweih war früher, wie der Name schon sagte, die „Weihe“ der Tag als die Kirche oder die des Namenspatrons eingeweiht wurde. Die Hl. Messe war deshalb feierlicher als bei anderen Feiertagen. Nach dem Gottesdienst gab es einen Festschmaus, gerne schiebt die Bäuerin dann eine stattliche gestopfte Gans in den Ofen. Mit
der Erstarkung des Deutschen Reiches und die Gründung der Deutschen Volksgemeinschaft, späteren „Deutschen Volksgruppe“ förderte die Volksgruppe Gründung vieler Vereine im Banat. Sanktmartiner Landsleute, die in diversen Gruppierungen vertreten waren, sahen die Kirchweihfeiern der Banater und organisierten ab Mitte/Ende der 1930-er Jahre auch in Sanktmartin Trachten paare mit Kirchweihumzug. Waren in den ersten Kirchweih-Umzügen noch Mädchen mit alten und neuen Trachten dabei, änderten sich diese in einer Mädchentracht mit 4–6 gestärkten Unterröcken, weißem Blusen mit schwarzen Jäckchen. 1938 am 11. November besuchte Bischof Augustin Pacha zum zweiten Mal Sanktmartin. Die Samatimer feierten zum ersten Mal eine „KIRWA“ mit 27 Trachtenpaare, Trachtenumzug und Straußversteigerung. Nach der HL. Messe zog man zuerst ins Wirtshaus „KONSUM“ zum Mittagessen (nach dem Krieg Cooperativa/Tenzer).Nach dem Mittagessen zog man vom Wirtshaus auf dem freien ,Feuerwehrplatz und heutigen Park wo schon die ganze Dorfbevölkerung gespannt auf die Straußversteigerung wartete. Die Samatimer feierten die erste Kirchweih außerhalb der Kirche, das war ja eine Neuigkeit, denn sowas hatte man in Sanktmartin früher nicht gekannt. Wie man auf zeitgenössischen Bildern sieht, stand der Kaplan des Dorfes auf dem Weinfass und versteigerte den Strauß . Für die jungen Trachtler war diese Versteigerung noch was Neues, das man erst lernen musste. Für den Kaplan, der ja aus dem Banat kam und dem diese Zeremonie seit seiner Kindheit bekannt war, war es eine Selbstverständlichkeit, und die Samatimer sagten bestimmt: „Mei woar des scheee“.
Mit Pauken und Trompeten zog der Trachtenumzug nach der Versteigerung ins Wirtshaus zum Kirwa-Bal. Rund um den Saal saßen die verheirateten Frauen und sahen den Kirwamadli und Kirwabum beim Tanzen zu. Erst danach kamen alle Tanzmadli jene die nicht beim Umzug teilnahmen oder noch zu jung waren. Ihre Mütter sahen genau hin mit wem sie tanzte und wie sie tanzte. Studenten/innen, die nicht in Tracht kamen sowie Knechte und Gesinde ohne Tracht durften nicht tanzten, sondern nur zuschauen. Später kamen alle Verheirateten zum Tanzen dazu. Walzer und Polka waren die Tanzschritte, Englisch Walzer schon zu amourös, alles andere verpönt. Um Mitternacht gab es gegenüber vom Tanzsaal beim Wirt noch einen Kalbsbraten mit Wein und Bier. Sowas konnten wir, nach dem Krieg geboren, uns gar nicht vorstellen. Kannten wir doch nur ein Bufet mit Getränken und eine Cafeteria mit anderen Getränken. Doch vor und nach dem Zweiten Weltkrieg wurde gefeiert und kein Fest war fröhlicher, lustiger und von allen so erwartet wie die Samatimer Kirwa.
All das war einmal.
Bernhard Fackelmann
Vorsitzender der Samatimer HOG