Kirchweihfest in der Heimat der Urahnen
Sanktmartiner feierten im fränkischen Gerolzhofen
Im Rahmen seiner Ahnenforschung war Bernhard Fackelmann darauf gestoßen, dass die 380 fränkischen Familien (unter ihnen auch 66 Familien aus Gerolzhofen), die ihre Heimat 1724 in Richtung Ungarn verließen, damals nicht nur – was schon lange bekannt ist – das Dorf Elek besiedelt hatten, sondern dass viele von ihnen weiter zogen und in der unmittelbaren Nachbarschaft den Ort Sanktmartin gegründet haben. Und was lag da näher, als das Kirchweihfest der Sanktmartiner diesmal in Gerolzhofen stattfinden zu lassen, quasi in ihrer Urheimat.
Schon vor einem Jahr war Fackelmann in Gerolzhofen vorstellig geworden und seither liefen die Planungen. Die von ihm koordinierten Vorbereitungen erforderten einen erheblichen Aufwand, denn es sollte ein großes und gelungenes Fest werden. Je näher der Termin rückte, umso stärker stieg die Spannung an, aber auch die Vorfreude auf das Fest. Dann war es endlich soweit. Am 21. September brachten drei Busse die etwa 200 Gäste, die einen Aufenthalt in den Hotels von Gerolzhofen und Umgebung gebucht hatten, nach Volkach zur Pier des Main-Schiffes „Undine“. Bei herrlichem Spätsommerwetter ging es dann drei Stunden den Main entlang. Die Teilnehmer zeigten sich von der Schönheit der Landschaft begeistert. Am Abend ging es dann mit den Bussen nach Oberschwarzach in die Alte Scheune von Familie Wagner, wo man einen wunderschönen „Samatimer Owad“ bei fränkischer Platte und fränkischem Wein verbrachte. Musikalisch begleitete Walter Rieger die fröhlich gelaunte Gesellschaft, die bis spät in die Nacht das Tanzbein schwang und gemeinsam allbekannte Lieder aus der alten Heimat sang. Mit von der Partie waren auch Hannelore Hippeli, Partnerschaftsbeauftragte im Stadtrat von Gerolzhofen, und der Vorsitzende des Elek-Partnerschaftskomitees, Siegfried Brendel.
Für den nächsten Tag, Samstag, den 22. September, war das große Fest der Sanktmartiner in Gerolzhofen angesagt, zu dem sich über 500 Landsleute aus ganz Deutschland einfanden. Unter den Klängen der Original Banater Dorfmusikanten aus München (Leitung: Helmut Baumgärtner) zogen die 35 Trachtenpaare von der Stadthalle zur Stadtpfarrkirche „Maria vom Rosenkranz“. Angeführt wurde der stattliche Kirchweihzug vom ersten Straußträgerpaar Annemarie und Martin Laczko, gefolgt vom zweiten Straußträgerpaar Brigitte und Waldemar Lustig. In den Festzug hatten sich auch die Erste Bürgermeisterin der Stadt Gerolzhofen, Irmgard Krammer, und weitere Ehrengäste eingereiht. Vor der im 15. Jahrhundert errichteten Kirche wurden die Kirchweihpaare von Stadtpfarrer Stefan Mai und Heimatpfarrer Adam Possmayer begrüßt.
Vor Beginn der Messe bedankte sich Bernhard Fackelmann bei Stadtpfarrer Mai für die Möglichkeit, die Sanktmartiner Kirchweih in dieser altehrwürdigen Kirche feiern zu dürfen, und bei Pfarrer Possmayer für seine Treue zu den Sanktmartinern. In seiner bewegenden Ansprache erläuterte er den Grund dieser Feier hier in Gerolzhofen und erwähnte, dass sich die Vorfahren der Sanktmartiner am 20. Mai 1724 hier, in dieser Kirche, zu einer Abschiedsmesse versammelt hatten, bevor Sie den weiten Weg nach Ungarn antraten. Er sprach vom Bau der alten Kirche in Sanktmartin, von der Kirchweihe und den Kirchweihfesten in der alten Heimat, aber auch vom Verlust der Heimat, von Heimweh und Heimatverbundenheit. Nun machte sich bei vielen das Gefühl breit, endlich wieder eine Heimat gefunden zu haben – in der alten Heimat der Vorfahren, so Fackelmann. Die Original Banater Dorfmusikanten und der Kirchenchor Gerolzhofen umrahmten die Messe musikalisch.
In seiner Predigt fragte sich Pfarrer Mai, welche Spannung, welches Gefühlsgemisch damals, vor 288 Jahren, über dieser Messe gelegen haben muss. Denn man reiste – immer auf Gott vertrauend – in ein fremdes, unbekanntes Land und man wusste, wie einst die Israeliten, dass der Zug durch die Wüste kein Spaziergang werden würde. Es rühre ihn, so Pfarrer Mai, dass die Vorfahren der Messbesucher damals den Heiligen Martin als Patron ihrer Kirche wählten. Abschließend wünschte er allen, dass die jährliche Feier zur Sanktmartiner Kirchweih dazu diene, nie die geistigen Wurzeln der Ahnen zu vergessen. Am Ende der Messe wurde zunächst unter den Klängen der Melodie „Ich hatte einen Kameraden“ die Kirchweihkerze im Gedenken an unsere Ahnen angezündet. Sie war umrahmt von den beiden Kirchweihsträußen und einem Bild des Heiligen Martin. Letzteres war von unserem Landsmann Franz Stark gemalt worden, der es der Kirche schenkte. Danach segneten die Geistlichen die beiden Kirchweihsträuße. Als Andenken an diese würdige Feier verblieb der zweite Strauß in der Kirche.
Nach der heiligen Messe setzte sich der Trachtenzug Richtung Stadthalle in Bewegung. Doch zuerst tanzten die Paare auf dem Marktplatz noch einen Kirchweihtanz. Sie ernteten viel Beifall von den zahlreichen Besuchern, die sich dieses wundervolle Schauspiel nicht entgehen lassen wollten. Jubelnd zogen dann anschließend die Trachtenpaare in die voll besetzte Stadthalle ein. Bernhard Fackelmann hieß alle Gäste nochmals herzlich willkommen und wies darauf hin, dass die Sanktmartiner nun voller Stolz sagen können: „Wir sind Franken!“ In ihrem Grußwort stellte die Erste Bürgermeisterin Irmgard Krammer ihre Stadt vor und skizzierte deren Geschichte. Sie stimmte der Aussage ihres Vorredners zu, wonach sich die Sanktmartiner auch als Gerolzhöfer und Franken bezeichnen können. Als Zeichen des Dankes und der Anerkennung schenkte sie Fackelmann seitens der Stadt die soeben erschienene „Stadtchronik von Gerolzhofen 779-2012“ und ein Willkommensbrot, dem aus gegebenem Anlass der Name „Sanktmartiner Brot“ verpasst wurde. Dieses Brot wurde am nächsten Morgen allen Sanktmartiner Gästen zum Frühstückstisch im Hotel „Tor zum Steigerwald“ gereicht.
Fackelmann bedankte sich seinerseits bei den Gerolzhöfern für die gewährte Unterstützung, speziell bei Stadträtin Hannelore Hippeli und bei Siegfried Brendel, durch deren Einsatz dieses Fest überhaupt möglich wurde. Der Bürgermeisterin überreichte er einen Blumenstrauß und seine brandneue Publikation „Sanktmartin, ein fränkisches Dorf im Banat“, in der die Geschichte seiner Heimatgemeinde von 1724 bis 1992 zusammengefasst und anhand vieler alter und neuerer Bilder, die ihm seine Landsleute zugesandt hatten, veranschaulicht wird. Des Weiteren dankte er all jenen, die an der Organisation des Festes mitgewirkt und durch ihren unermüdlichen Einsatz zu dessen Gelingen beigetragen haben, namentlich den Familien Barbara und Martin Söllner sowie Brigitte und Waldemar Lustig, darüber hinaus Barbara Kastner, Annemarie und Martin Laczko, Monika und Johann Hubert, Elfriede und Bernhard Mülleck, Eva und Martin Wagner, Elisabeth und Martin Kilian, Eva Kugler, Rosemarie Kastner und Dieter Gitzing. Elisabeth Illich (geb. Deutsch), die ihre Vorfahren in Gerolzhofen ausfindig machen konnte, bedankte sich im Namen der Sanktmartiner bei Bernhard Fackelmann für die enorme Arbeit, die er im Vorfeld des Treffens geleistet hat, und überreichte ihm einen Weinkorb.
Nach den Grußworten und Ehrungen erreichte das Fest seinen Höhepunkt. Die Original Banater Dorfmusikanten und die Sängerinnen Hildegard und Irmgard Müller begleiteten den festlichen Teil mit Melodien und Liedern aus dem Banat, zu denen die Gäste schunkelnd mitsangen. Der erste Straußträger Martin Laczko leitete mit dem Kirchweihspruch zur Verlosung von Schnapsflasche, Weinflasche, Kopftuch und Hut über. Mit Spannung erwartet wurde die Verlosung des Kirchweihstraußes. Die glückliche Gewinnerin Barbara Kugler schenkte den Strauß an Brigitte und Waldemar Lustig weiter, denen somit beim nächsten Kirchweihfest die Rolle der ersten Straußträger zukommen wird. Zum Abschluss des Festaktes spielte die Blaskapelle vier von unserem Landsmann Martin Schwarz komponierte Lieder.
Am Abend versorgte die Gaststätte „Picone“ die Gäste mit vorzüglichen fränkischen und italienischen Schmankerln und köstlichem fränkischem Wein. Für ausgezeichnete Stimmung sorgte anschließend die Banater Formation „Trend … die Band“ mit ihrer Sängerin Anita Merle. Die Sanktmartiner waren von der hervorragenden Qualität ihrer Musik angetan, zumal die meisten die Band bisher nicht kannten. Die Musik kam nicht nur bei den vielen jungen Leuten gut an, sondern sie lockte auch so manche grauhaarige Semester auf die Tanzfläche. Bis tief in die Nacht wurde ausgelassen gefeiert, ein Zeichen dafür, dass es ein sehr gelungenes Fest war. Die Gerolzhöfer waren voll des Lobes für das Großereignis, das sich in ihrer Stadt abgespielt hat. „Es war eine ganz tolle Veranstaltung“, erklärte Stadträtin Hannelore Hippeli gegenüber der Main-Post, und auch Stadtrat Hubert Zink befand: „Das war das schönste Fest, das ich die letzten zehn Jahre in der Stadthalle erlebt habe.“ Und so wird die Sanktmartiner Kirchweih in Gerolzhofen vielen noch lange in Erinnerung bleiben.
Zur Bewahrung der Erinnerung kann auch eine Videoaufzeichnung des Festes, gespeichert auf drei DVDs, beitragen. Interessenten können diese gegen eine Spende von mindestens 15 Euro erwerben. Der Spendenbetrag ist unter der Angabe der genauen Anschrift auf folgendes Konto zu überweisen: Bernhard Fackelmann, Konto 1001731957, bei der Stadtsparkasse München, BLZ 70150000. Der Reingewinn kommt dem nächsten Sanktmartiner Kulturfest zugute. Auch die CD „Sanktmartin, ein fränkisches Dorf im Banat“ kann gegen eine Spende von mindestens 5 Euro (einzuzahlen auf das oben genannte Konto) erworben werden.
die samatimer