Puszta Heimat-300 Jahre Sanktmartin- die Macht der Bauern
in Bildern, Trachten, Feste und Feiern
Das neue 420-seitige Buch über die Feiern Sanktmartins ist gedruckt und wird an allen Landsleuten, die uns immer kulturell und finanziell unterstützt haben, am 2. April 2025 zugesandt.
Heimat sind Erinnerungen einer längst vergangenen Zeit, wir tragen sie alle in uns, die schönen wie auch die weniger schönen.
Besonders die Erinnerungen an unseren Eltern, Großeltern, Geschwistern und an unsere Kindheit nehmen einen hohen Stellenwert ein.
Sie machen sentimental, stimmen uns fröhlich oder traurig. Die Spanne unserer Erinnerungen aus der Vergangenheit ist groß.
In dieser Sammlung von Erinnerungen ragen einige aus der Masse heraus und sind von besonders großer Bedeutung für uns.
Sie formen unsere Lebensgeschichte und machen uns zu der Person, die wir sind.
Viele von uns werden sich nach dem Durchblättern dieses Buches an die Eltern, Großeltern, deren Erzählungen erinnern und diese Erinnerungen an ihre Kinder und Enkel weitergeben. Das ist das Vermächtnis dieses Buches.
Die Geschichte Sanktmartins hat Bernhard Fackelmann in 14 Büchern beschrieben. Dieses Buch beschreibt das bäuerliche Leben der Sanktmartiner in ihrer 300-jährigen Geschichte und Bilder in überwältigenden wunderschönen historischen Momentaufnahmen von 1860 bis in die Gegenwart in Tracht bei Festen und Feiern.
Wir Sanktmartiner sind Banater Franken. Die Mannsbilder hatten durchgängig dreieckige spitzaufgestülpte Hüte, lange tuchene und auch leinene Röcke, meistens kurze lederne Hosen, Strümpfe von verschiedenen Farben, und dann Schuhe mit Schnallen, am Kragen a Knipferla und Silberknöpfe anstatt Hornknöpfe.
Die Weibsbilder hatten wiederum verschiedenartig geformte Hauben, wunderbare Röcke und als Katholiken durchaus ein kräftiges Rot, Grün oder Violet, Kittel von Tuch und allerhand Zeug, welche auf einer dicken Wulst um die Hüfte herum hingen und ziemlich kurz waren, dann schmale Schürzen, allerhandfarbige Strümpfe und hohe Absätze bei Schnallen-Schuhen.
Viele Jahre verstrichen, bis sich diese alten Moden ausarteten. Kirwa ist fränkisch für Kirchweih und steht für Feste, die Religion und Brauchtum aufs Fröhlichste vereinen. Gefeiert wurde dabei ursprünglich die Einweihung einer Kirche oder der Namenstag des Heiligen, dem die Dorfkirche geweiht ist ab 1938 als Trachtenumzug bis in die Gegenwart.
Im Buch werden alle Kirchweihen, wenn man von Brauchtum oder auch von Sitten und Gebräuchen in Sanktmartin spricht beschrieben, damit ist das traditionelle Verhalten gemeint, das von einer Gemeinschaft (z. B. Dorf, Verein, Familie) zu konkreten Anlässen gepflegt wird.
Die Bräuche ergeben sich aus dem weltlichen oder kirchlichen Jahreskreis. Feste und Feiern werden ausführlich beschrieben und in Bildern veröffentlicht. Vom Landleben gibt es heutzutage bei vielen Sanktmartiner, verschiedene Vorstellungen. Insbesondere Sanktmartiner die in der Nachkriegszeit groß wurden, betrachteten das Landleben verklärt und romantisch.
Viele sehen in ihren Gedanken bäuerliche Familien beim Kirchgang, im Gasthaus und spielende oder Tiere hütende Kinder. In der Realität waren viele Kleinbauern arm, die Kinder „mussten“ in der Landwirtschaft mitarbeiten, worunter der Schulbesuch litt und die Familien kamen gerade so „über die Runden“. Jedenfalls, Sanktmartin mit seinen Gehwegen, den mit Maulbeer- oder Akazienbäumen bepflanzten und gekehrten Gassen, regelmäßig geweißelten Häusern usw. waren ein Muster an Sauberkeit mit einer stark entwickelten Nachbarschaftsbindung und kulturellem Eigenleben.
Das Dorf war die wesentliche Zelle des volklichen Lebens der Sanktmartiner, denen auf allen Arbeitsgebieten der Ruf vorausging, fleißig, tüchtig, zuverlässig, ruhig und besonnen zu sein. Mit der Enteignung aller Deutschen in Rumänien war die Macht der Sanktmartiner Bauern zu Ende, die Bevölkerung passte sie der gegebenen Zeit an und fand in der dörflichen Gemeinschaft ein neues Zuhause. Auch darüber wird ausführlich berichtet. Mit der Auswanderung vieler Sanktmartiner in den 1970/80-ger Jahren und fast alle ab 1990, begann eine neue angepasste Ära in Deutschland. Die Integration der Sanktmartiner gilt inzwischen als eine ,,Erfolgsgeschichte.“ Vier von fünf Sanktmartiner haben sich in Bayern und Baden-Württemberg niedergelassen. Hauptgründe für diese Konzentration sind die Anziehungskraft der katholischen süddeutschen Bundesländer, gekoppelt mit der historisch-kulturellen Nähe zur ,,Urheimat Franken/Bayern“.
Aus bundesdeutscher Sicht wird die gesellschaftliche und berufliche Integration der Banater Schwaben als äußerst gut gelungen bewertet. Basierend auf aus ihrer Sicht praktisch ,,vererbten" Kolonisten-Eigenschaften wie ,,Pioniermentalität, Ausdauer und Ehrgeiz" sehen sie sich selbst als besonders integrationswillige und- fähige Einwanderer. Inzwischen wurde das Idealbild Deutschlands mittlerweile realistisch korrigiert. Bei vielen kommt sogar Bedauern unumwunden zum Ausdruck: ,,Wir haben uns mit unserem Exodus selbst aus der Geschichte wegradiert, unsere Identität verloren und unsere Kultur verraten." Dabei wird diese Einschätzung mitnichten von allen geteilt. Im Rückblick vermissen viele von ihnen typische, womöglich idealisierte Merkmale des damaligen Lebens in der rumänischen Heimat, etwa ,,geselliges Beisammensein, Zwischenmenschliches, Feste die man zusammen feiert und ganz allgemein Gemeinschaft, Vertrautheit, Geborgenheit" – also pointiert formuliert das ,,Wir-Gefühl." Insgesamt sehen sich die Sanktmartiner als ,,angepasst und unauffällig". Die meisten meinen, in der deutschen Gesellschaft richtig ,,angekommen" zu sein, und betrachten Deutschland als ihr neues Zuhause oder neue Heimat. 1956 wurde die Sanktmartiner HOG gegründet, aber erst Ende der 1970er Jahre trafen sich die Sanktmartiner bei einem Heimattreffen in Haunstetten, ab 1998 in Gersthofen und Kirchheim unter Teck. Aus dieser Zeit stammen auch die ersten bescheidenen Trachtenumzüge die sich in Gersthofen zu gigantischen Umzügen wie die bei der Verteilung der Sippenbücher 2011.
Alle Heimattreffen, Feste und Feiern sowie politische Gedenkfeiern bei denen Sanktmartiner dabei wahren sind in Worten und Bildern ausführlich zu sehen.
,, Zukunft aber ist Herkunft“. Wie viele von unseren Urenkeln werden sich an uns erinnern, wenige? Einige Bilder von uns und Sanktmartin werden noch ein paar Jahre in Erinnerung bleiben, viele ohne Erinnerung und ohne Wissen wer darauf zu sehen ist. Noch ein paar Jahre und es verschwinden auch diese Porträts von uns, unserer Geschichte, unsere Arbeit, unser Zusammenleben und Wirken. Viele werden uns vergessen, wir werden im Nebel der Geschichte verschwinden. Doch noch gilt; ,,Mir sei mir“ – Wir wissen, wer wir sind, woher wir kommen, was wir können und dass wir GUT sind, eben, Samatimer.
Bernhard Fackelmann
Autor und Vorsitzender der Samatimer HOG